Bauerngesellschaft in einer Scheune

künstler:Jan Miense Molenaer
(um 1610-1668)
datierung:1642
technik:Öl auf Holz
maße:75,4 x 107,2 cm

Eine bäuerliche Feier zeigt sinnliche Ausschweifung als Mahnbild – voller Symbole für Laster und moralischen Verfall.

Moral und Vergnügen

Eine Scheune mit ihrer weitgespannten Holzkonstruktion ist Schauplatz einer bäuerlichen Feier. Für die hier geschilderte Zusammenkunft, die für einen Augenblick die Härte des Alltags vergessen lassen soll, ist der Ort nicht eigens hergerichtet worden, auch haben sich nicht alle Personen im Raum gemeinsam am Tisch eingefunden. In den dunklen Randzonen hocken schemenhaft erfasste Bäuer:innen, die wie die anderen nur an eines denken: sinnliches Vergnügen.

Umso helleres Licht fällt auf die Feiernden im Vordergrund links, die von ländlicher Musik begleitet auf den einfachen Bänken Platz genommen haben und eine buchstäblich geschlossene Formation bilden. Abgesetzt davon betont ein räumlich wie farblich hervorgehobenes Paar mit eindeutigen Gesten die zentrale Aussage des Bildes: Es geht um zügellose, von der Kanzel aus regelmäßig angeprangerte Lebensführung mit ihrem Hang zu Sex und Alkohol. Diese an ein städtisches Publikum gerichtete Mahnung wird ergänzt durch die vielen Trinkgefäße, darunter eine blau glasierte Steinzeugkanne, ein beliebtes rheinisches Importgut. In jener Zeit galt auch das Rauchen als ein dem Trinken vergleichbares Laster, worauf die zerbrochene Tonpfeife am Boden hinweist.

So beherrscht eine durchweg negative Symbolik das Bild, die selbst Haustiere einbezieht: Die gleich zweimal auftauchende Katze steht für Gier, der lauernde Hund für Zorn, wie die Wollust eine der sieben „Todsünden“. Den Vordergrund rechts füllt ein stilllebenhaftes Arrangement mit Zwiebeln und Rettich, dessen Unordnung ebenfalls das niedrige moralische Niveau des Geschehens ausdrückt. Die zahlreichen Darstellungen bäuerlichen Lebens, wie sie in den Niederlanden seit dem 16. Jahrhundert auftauchen, sind keine wortgetreue Wiedergabe der sozialen Realität. Der in Haarlem, einer Prägestätte des holländischen Bauerngenres, ansässige Maler Jan Miense Molenaer konnte dabei auf eine Tradition zurückgreifen, die sich seit dem 16. Jahrhundert, der Epoche Pieter Bruegels des Älteren, in reicher Fülle entwickelt hatte.

Text: Ulrich Becker