
Joos de Momper und seine Zeitgenossen schufen detailreiche Landschaften, die das urbane und ländliche Leben der Niederlande im 17. Jahrhundert eindrucksvoll widerspiegeln. Ihre Werke zeigen nicht nur geografische Vielfalt, sondern auch die Auswirkungen von Klima und Gesellschaft auf das alltägliche Leben.
Stadt im Wandel der Zeit
Seit dem 16. Jahrhundert bildete sich in der niederländischen Landschaftsmalerei eine ganze Reihe von Untergattungen wie Gebirgs-, Fluss- oder Küstenlandschaft heraus. Spätestens seit den Pionierleistungen Pieter Bruegels des Älteren (1525/30–1569) standen auch Dörfer und Städte als Orte vitalen Lebens im Mittelpunkt künstlerischen Interesses.
Nur wenige Länder Europas wiesen eine derart große Dichte von Städten auf wie die Niederlande. Die dicht bevölkerten Handelsmetropolen wurden zu einem beliebten künstlerischen Motiv und kündeten von Ruhm und Wohlstand. Im Detail finden sich immer wieder wertvolle Hinweise für das Aussehen einer Stadt im Wandel der Zeit. Die flämische Malerei des 17. Jahrhunderts thematisierte oftmals Antwerpen, die größte und wichtigste Stadt des Landes. Allein aufgrund ihrer Ausdehnung bot sie einen imponierenden Anblick, überragt vom Turm der Liebfrauenkathedrale, der größten Kirche der Niederlande. Dabei war die Scheldemetropole, noch im 16. Jahrhundert ein Zentrum des Welthandels, mittlerweile von dem aufstrebenden Amsterdam überholt worden.
Das Augenmerk des Künstlers gilt nicht allein den Gebäuden der Stadt, sondern auch ihren Bewohner:innen, deren reges Treiben Gassen und Plätze erfüllt. Von großer Bedeutung ist der Wechsel der Jahreszeiten und seine Folgen für die Daseinsbedingungen in der Frühen Neuzeit, als der schockartige Klimawandel, die sogenannte „Kleine Eiszeit“, den Alltag der Menschen weiter erschwerte. Deren Lebenswelt, Dörfer wie Städte, erscheint nun auch in der Kunst in einem fahlen, trüben Licht.
Der Antwerpener Joos de Momper der Jüngere zählte zu den produktivsten Vertretern der flämischen Landschaftsmalerei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Ein großer Werkstattbetrieb ermöglichte es, die umfangreiche Nachfrage zu bewältigen. Seinen Ruhm verdankte der Maler den zahlreichen Gebirgslandschaften, wo er Detailbeobachtungen mit freier Erfindung kombinierte. Nach flämischem Brauch hat er dabei häufig Spezialisten für kleinformatige Figurendarstellungen wie Jan Brueghel den Älteren und Sebastiaen Vrancx herangezogen.
Text: Ulrich Becker