Hafenansicht

künstler:Jan Abrahams. Beerstraten
(1622-1666)
datierung:1660
technik:Öl auf Leinwand
maße:88 x 124 cm

Die Niederlande erlangten im 17. Jahrhundert durch Handel, Kolonien und eine starke Flotte weltweite Bedeutung. Künstler hielten diese maritime Größe in detailreicher Seemalerei fest.

Marinemalerei als Spiegel der Zeit

Im Laufe des 17. Jahrhunderts hatten die Niederlande allen Grund, sich als neue Herren der Meere zu fühlen. Zuvor hatten sie sich im sogenannten „Achtzigjährigen Krieg“ gegen die spanische Herrschaft – wenn auch unter großen Opfern – behaupten können. Aus einer eher losen Verbindung randständiger Territorien wurde eine protestantische Republik unter Führung des Hauses Oranien, eine neue Nation, die sich als auserwähltes Volk Gottes verstand. Erst der Westfälische Friede von 1648 brachte ihr die endgültige Anerkennung. Bald errangen die Niederlande die Herrschaft über weite Teile der Weltmeere: Das prosperierende Amsterdam wurde zum wichtigsten Zentrum des internationalen Handels, während die spanische Macht ihren Zenit längst überschritten hatte.

Wesentlichen Anteil an dieser Expansion zur See hatte die niederländische Ostindien-Kompanie (die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC)), ein 1602 gegründeter, privater Zusammenschluss holländischer Kaufleute, dem vom Staat weitreichende Monopole zugesichert worden waren. Als größtem Unternehmen der Zeit gelang der VOC die Gründung eines Kolonialimperiums im heutigen Indonesien sowie der Zugang in das streng isolierte Japan. Mit ihren oft brutalen Methoden wie dem Sklavenhandel unterschieden sie sich kaum von ihren Konkurrenten anderer Länder.

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich in den Niederlanden eine eigenständige Marinemalerei, die sowohl militärische Erfolge zur See feierte als auch die Vielfalt der Schiffstypen detailgetreu dokumentierte. Aber auch das Meer wurde in bis dahin nicht gekannter Form ein zentrales Thema der Kunst, was auch die mit der Seefahrt verbundenen Risiken einschloss. Die im Hafen von Amsterdam, der Heimatstadt des Malers, vor Anker liegenden Schiffe stehen nicht nur für die weltumspannende niederländische Seefahrt; sie symbolisieren auch das glückliche, der Gnade Gottes zugeschriebene Ende gefahrvoller Reisen.

Text: Ulrich Becker