Liebesszene

künstler:Jan Steen
(1626-1679)
datierung:undatiert
technik:Öl auf Holz
maße:68 x 57,7 cm

Jan Steens Szene zeigt ein moralisch fragwürdiges Liebesspiel voller versteckter Symbole. Ehebruch, Wollust und Laster werden kritisch, aber humorvoll dargestellt. Hinter der scheinbar alltäglichen Darstellung verbirgt sich ein vielschichtiger moralischer Kommentar.

Lust und Warnung

Schauplatz ist der Innenraum eines niederländischen Bürgerhauses im sogenannten Goldenen Zeitalter. Nach den Begriffen der Epoche haben hier geordnete Verhältnisse zu herrschen, vor allem in moralischer Hinsicht. Doch von Letzterem ist jenes junge Paar, das das Bildgeschehen wie auf einer Theaterbühne beherrscht, weit entfernt. Die Frau weist auf den Papageienkäfig, Symbol der Gefangenschaft in der Ehe mit einem älteren Mann, der abseits im Garten sitzt und einen Brief liest. Der Freier hingegen sieht sich kurz vor dem Ziel, wie die geknackte Nuss andeutet.

Warnungen vor unmoralischem Lebenswandel gehören zum Kernbestand inhaltlicher Aussagen, von denen die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts zutiefst geprägt wird. Themen und Motive, die aus der sakralen Bildtradition stammen, leben nun in weltlichem Gewand fort, wie das Schicksal des verlorenen Sohnes, der sich durch Zügellosigkeit und Verschwendung fast ins Verderben stürzt. Ein zentrales Thema ist die stets mit Unmäßigkeit verbundene Wollust (lateinisch luxuria), eine der sieben „Todsünden“. Ihr wie auch dem exzessiven Rauchen und Trinken gelten die ständigen, in Druckgraphiken und auch Gemälden widergespiegelten Angriffe der moralischen Autoritäten der Zeit.

Diese Mahnungen werden mithilfe eines versteckten Codes vorgetragen: die Zinnkanne in der Hand des Mannes, ein unmissverständlicher Hinweis auf männliche Lüsternheit, der Papageienkäfig, das Bett, das Kohlebecken mit der Tonpfeife oder das zerbrochene Glas, ein Zeichen nachlässiger Haushalts- und Lebensführung.

Wie bei keinem anderen Künstler sind sie für das malerische Werk Jan Steens sprichwörtlich geworden. Der aus Leiden gebürtige Maler betrieb neben der Malerei auch ein Wirtshaus. Die Sitten der Zeit dürften ihm gut vertraut gewesen sein.

Text: Ulrich Becker