
Maultiertreiber rasten abends vor einer Schenke in der römischen Campagna. Ein Tanz sorgt für Unterhaltung, das Mausoleum der Caecilia Metella markiert den Ort. Das Bild zeigt idyllisches italienisches Alltagsleben, idealisiert von Künstlern wie Lingelbach.
Rast in der Campagna
Vor einer burgartig aufragenden Schenke hat sich buntes Landvolk niedergelassen: ein Trupp Maultiertreiber, der eine Rast einlegt, denn der Tag neigt sich bereits. Im Zentrum des Geschehens steht einer der Maultiertreiber, der mit einem improvisierten Solotanz unter seinesgleichen ein aufmerksames Publikum findet. Die Mühen der Reise scheinen vergessen, Getränke werden gereicht, es herrscht eine Atmosphäre entspannter Ruhe.
Dahinter öffnet sich eine weite, von Anhöhen gesäumte Ebene, die von der sinkenden Sonne langsam in ein mildes Abendlicht getaucht wird. Die Bauart der darin verstreuten Anwesen wie auch der Schenke im Vordergrund zeigt an, dass die Szene in Italien spielt, dem Sehnsuchtsland schlechthin, genauer gesagt: in der unmittelbaren Umgebung Roms, der Campagna. Um seine Ortskenntnis gebührend zu unterstreichen, hat der Maler eines der bekanntesten antiken Denkmäler außerhalb der Ewigen Stadt unter die Kulissen gemischt, das Mausoleum der Caecilia Metella. Mit seiner massiven, zylindrischen Gestalt und dem unverwechselbaren, erst im Mittelalter hinzugefügten Zinnenkranz zählt es zu den prominentesten, immer wieder dargestellten Sehenswürdigkeiten an der berühmten, von Grabmälern gesäumten Via Appia Antica.
Das italienische Milieu im Allgemeinen und Rom als weltgeschichtlicher Schauplatz im Besonderen übten auf ganze Generationen europäischer Künstler eine ungebrochene Anziehungskraft aus, nicht zuletzt auf niederländische wie den aus Frankfurt am Main gebürtigen, in Amsterdam tätigen Lingelbach, der einige Zeit in Rom verbrachte. Hier fanden Szenen aus dem Alltag der unteren Volksschichten das besondere Interesse der Malenden. Freilich fanden die zumeist harten Bedingungen, unter denen diese ihr Leben führen mussten, nur mäßigen Niederschlag. Unter südlicher Sonne erscheinen selbst soziales Elend und täglicher Daseinskampf, sofern überhaupt dargestellt, in einem buchstäblich milden Licht.
Text: Ulrich Becker