Winterlandschaft mit Eisvergnügen

künstler:Aert van der Neer
(um 1603-1677)
datierung:undatiert
technik:Öl auf Holz
maße:40,3 x 71,8 cm
Das Gemälde zeigt eine Winterlandschaft und Menschen, die eislaufen. In der Mitte ist ein zugefrorener Fluss zu sehen, der links und rechts von leicht schneebedeckten Ufern begrenzt wird, auf denen sich kleine Häuschen und schmale Bäume befinden. Auf der Eisfläche sind etwa zehn Personen mit Schlittschuhen zu sehen, manche von ihnen haben lange Schläger in der Hand, eine Person hält sich an einem Schlitten fest. Auch ein kleiner, schwarz-weißer Hund steht auf dem Eis. Ganz rechts unten in der Ecke ist ein Loch im Eis sichtbar. Farblich ist das Gemälde eher hell gehalten. Bis auf die rote Kleidung einer Person sowie zwei pastellfarbenen Häusern in rosa und gelb ist die Farbgebung allerdings eher bräunlich, gräulich sowie weiß.

Die „Kleine Eiszeit“ des 17. Jahrhunderts beeinflusste Gesellschaft und Kunst in den Niederlanden. Pieter Bruegel und Aert van der Neer zeigten das Leben im Winter, von harter Not bis zu heiterem Eislaufen. Das Eis symbolisiert dabei Vergnügen und zugleich Lebensgefahr.

Winter, Kunst und Leben im Wandel

Im Laufe des 16. Jahrhunderts verändert ein spektakulärer Temperatursturz das Klima in weiten Teilen Europas, der das ganze 17. Jahrhundert über anhalten sollte: die „Kleine Eiszeit“. Die Folge ist eine dramatische, durch Getreidemangel hervorgerufene Ernährungskrise, die vor allem die volkreichen, vom Nahrungsmittelimport abhängigen Städte trifft. Dies führt zu einer Verschärfung der bereits durch politische und religiöse Konflikte angeheizten Situation, in der sich Wirtschaft und Gesellschaft des Kontinents in der Frühen Neuzeit befinden. Die Menschen sind zur Anpassung an die erschwerten Lebensumstände gezwungen, was vielerorts zum Existenzkampf wird.

Dieser Klimawandel findet vor allem in der niederländischen Kunst seinen Niederschlag, wie es besonders eindrucksvoll der Jahreszeitenzyklus von Pieter Bruegel dem Älteren im Kunsthistorischen Museum in Wien belegt. In vielen Einzelszenen wird hier geschildert, wie die Menschen einerseits der alles durchdringenden Kälte zu trotzen versuchen, sich andererseits dem Wintervergnügen hingeben. Im 17. Jahrhundert wird die Winterlandschaft dann zu einer eigenen Sparte innerhalb der niederländischen Malerei. Zu den herausragenden Vertretern zählt Aert van der Neer in Amsterdam. Hier wird kein Überlebenskampf geschildert: Das Augenmerk des Malers gilt auch hier der eher heiteren Seite des Winters, dem bei allen Schichten beliebten Eislaufen, wie es auf den großen Flüssen und Kanälen wie auf dem zugefrorenen Dorfteich gepflegt wird. Freilich schwingt dabei immer die Warnung vor plötzlichen Stürzen und dem sprichwörtlichen dünnen Eis mit, das damit zum Symbol für die Gefährdung aller menschlichen Existenz wird. Doch überwiegt der Aspekt des Vergnügens. Was in der Vergangenheit schon ein populärer Spaß war, hat sich in den heutigen Niederlanden als sportliche Disziplin etabliert: ein insgesamt 11 Städte verbindendes Langstreckenrennen auf dem Eis, die Elfstedentocht.

Text: Ulrich Becker