MINT TANK-Stories: Physikerin Leonie Einfalt über das Rätsel Dunkle Materie

Leonie Einfalt erhielt 2015 für ihre VWA mit dem Titel „Dunkle Materie. Die fehlende Masse des Universums“ den Dr. Hans Riegel-Fachpreis für Physik an der Paris Lodron Universität Salzburg. Derzeit absolviert sie ihr Doktorat in demselben Forschungsgebiet am Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und arbeitet an den Experimenten CRESST und COSINUS mit.

Wann hat deine Begeisterung für Physik begonnen?

Wahrscheinlich als ich das erste Mal eine Folge „Forscherexpress“ gesehen habe!
Ab der Schulzeit habe ich mich eigentlich immer für Naturwissenschaften und Mathematik interessiert, in der Physik habe ich dann die perfekte Kombination von beidem gefunden. Als es dann Zeit war ein Studium auszusuchen, war es für mich von Anfang an klar, dass es Physik werden wird.

Für deine VWA mit dem Titel „Dunkle Materie. Die fehlende Masse des Universums“ hast du 2015 einen Dr. Hans Riegel Fachpreis erhalten. Wie bist du auf das Thema gekommen?

Als Jugendliche hatte ich ein GeoKompakt Abo und da gab es einmal einen Ausgabe zu Dunkler Materie und Dunkler Energie. Ich fand das Thema super spannend und wollte die Physik dahinter besser verstehen, da hat sich die VWA perfekt angeboten. Aber nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht fand ich das Thema damals so ansprechend, sondern auch, weil ein Großteil der Pionierarbeit im Feld der Dunklen Materie von einer Frau geleistet wurde: Vera Rubin.

Was versteht man unter Dunkler Materie?

In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurde gezeigt, dass die Rotationsgeschwindigkeiten in Galaxien nicht zu der für uns sichtbaren Masse dieser Galaxien passen. Sterne und andere sichtbare Objekte, wie Planeten, reichen eigentlich in ihrer Masse nicht aus um die Galaxie bei diesen hohen Geschwindigkeiten zusammenzuhalten. Dieses Phänomen deutet darauf hin, dass es in unserem Universum mehr Materie geben muss als wir beobachten/messen können - diese fehlende Komponente wird als Dunkle Materie bezeichnet. Das Problem: Wir wissen nicht woraus sich die Dunkle Materie zusammensetzt, die Liste möglicher Kandidaten reicht von Schwarzen Löchern bis hin zu neuen super-leichten Teilchen.

Wie würdest du deine Studienzeit beschreiben?

Am Anfang des Studiums war ich heillos überfordert, nicht nur mit der Stoffmenge sondern auch mit der Vielzahl an Forschungsrichtungen die man einschlagen kann. Auf der Physik Fakultät der Uni Wien erhält man zum Glück eine breite Ausbildung und hat die Möglichkeit sich unterschiedliche Forschungsgruppen näher anzuschauen. Dennoch war ich mir lange unsicher wo ich hinmöchte und bin erst nach Abstechern in die Festkörper und Mathematische Physik bei der Teilchenphysik und am HEPHY (Institut für Hochenergiephysik) gelandet.

Auch in deiner Dissertation beschäftigst du dich mit Dunkler Materie, was fasziniert dich an diesem Forschungsgebiet?

Die beiden Experimente an denen ich mitarbeite, CRESST und COSINUS, untersuchen die Hypothese, dass sich die Dunkle Materie aus Teilchen zusammensetzt, die nicht in unserem Standardmodell der Teilchenphysik vorhanden sind. Somit habe ich in Dunkler Materie ein Thema gefunden, das meine zwei großen Interessengebiete, die Teilchenphysik und Kosmologie, vereint. Dunkle Materie stellt auch eines der großen, noch ungelösten Rätsel der modernen Physik da und es ist unglaublich spannend direkt an der Spitze wissenschaftlicher Forschung mitzuarbeiten.

Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag am Institut für Hochenergiephysik vorstellen?

Für meine Doktorarbeit beschäftige ich mich hauptsächlich mit der Rohdaten Analyse und dem Zusammenspiel von experimentellen Daten und theoretischen Modellen für die beiden Dunkle Materie Detektionsexperimente an denen ich mitarbeite. Das heißt ich arbeite hauptsächlich am Computer und verbringe viel Zeit mit Softwareentwicklung und verschiedenen Berechnungen.

Die experimentellen Aufbauten von CRESST und COSINUS befinden sich im Gran Sasso Untergrundlabor in der Nähe von Rom. Um meiner Position als Experimentalphysikerin neben all der Programmierarbeit dennoch gerecht zu werden,  verbringe ich auch immer wieder Zeit im Labor in Italien („im Tunnel“) um Vorort am Setup der Experimente mitzuarbeiten.

Was sind deine weiteren Ziele? Möchtest du in der Forschung bleiben?

Das ist eine gute Frage! Zuerst muss ich einmal mein Doktorat abschließen und da gibt es noch einiges zu tun. Das COSINUS Experiment, befindet sich gerade im Aufbau und es wäre natürlich super cool so lange am Experiment mitarbeiten  zu können bis die ersten Messungen stattfinden.

Ob ich den Forschungs-Weg dann endgültig einschlage habe ich noch nicht entschieden. Es gibt auch viele interessante Positionen in Wirtschaft und Informatik! Einen Großteil meiner Arbeitszeit verbringe ich mit Programmieren und das macht mir sehr viel Spaß. Ich könnte mir also auch gut vorstellen in der Zukunft in die Richtung Data Science und Software Development zu gehen.