MINT TANK-Stories: Vera Truttmann über ihre Auslandsstudienerfahrungen sowie ihr Doktorat in Chemie

2011 wurde Vera Truttmann der Dr. Hans Riegel-Fachpreis in Chemie an der Universität Wien verliehen. Sie entschied sich anschließend für das Studium der technischen Chemie und arbeitet nun als Universitätsassistentin an ihrem Doktorat am Institut für Materialchemie an der TU Wien.

Womit hast du dich in deiner Arbeit auseinandergesetzt? 

Meine Arbeit beschäftigte sich mit „duftenden Aldehyden“ – also einer speziellen Klasse von chemischen Substanzen, den sogenannten aromatischen Aldehyden. Einige von diesen sind sehr bekannt und beliebt, z.B. Benzaldehyd, der für den charakteristischen Geruch und Geschmack von Marzipan verantwortlich ist, oder eben auch Vanillin, der wesentliche Aromastoff in der Vanille. Mit letzterem habe ich mich genauer befasst: Ich habe ihn sowohl aus einer Vanilleschote extrahiert als auch synthetisch hergestellt. Ein weiterer Fokus meiner Arbeit war das Thema natürlicher vs. synthetischer Aromastoff: Was sind die Unterschiede in der Zusammensetzung, wie müssen Lebensmittelhersteller das kennzeichnen, wie kann man das kontrollieren usw. Im Rahmen dessen habe ich auch gelernt, dass Produkte, auf denen eine Vanilleblüte oder -schote abgebildet ist, auch tatsächlich Vanilleextrakt und eben kein synthetisch gewonnenes Vanillin enthalten müssen.

Wie bist du auf dieses Thema gekommen?

Die Themenfindung war anfangs gar nicht so einfach. Mein Chemielehrer hat zuerst „Natürliche Aromastoffe“ vorgeschlagen – das war mir dann aber zu allgemein und ich wollte lieber eine spezifische Substanz, nämlich Vanillin, untersuchen. Wir haben wir uns dann in der Mitte getroffen und die aromatischen Aldehyde als Thema gewählt, eine spezifische Gruppe an Verbindungen, aber eben mehr als nur eine einzige Substanz. Das Thema hat mich sofort begeistert, da man es von verschiedensten Seiten untersuchen und beleuchten konnte. Außerdem riecht es ausgesprochen gut im Labor, wenn man mit Vanillin arbeitet!

Wie bist du auf den Dr. Hans Riegel-Fachpreis aufmerksam geworden?

Eine Lehrerin an meiner Schule hatte einer Freundin von mir einen Flyer mit der Ausschreibung des Preises gegeben. Diese hat mir dann den Flyer gezeigt und mich auf die Idee gebracht, meine Arbeit einzureichen. Dafür bin ich ihr wirklich sehr dankbar!

Was bedeutet die Auszeichnung für dich?

Ich habe mich wirklich sehr gefreut und geehrt gefühlt. Ich hatte mich doch mehr als ein halbes Jahr sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und viel Arbeit und Zeit hineingesteckt. Es war dann schon ein wirklich schönes Gefühl, dass das auch von anderen dementsprechend wertgeschätzt wurde. Außerdem hat es mich in meiner Entscheidung Technische Chemie zu studieren noch weiter bestätigt.

Was machst du heute und wie bist du dorthin gekommen?

Momentan arbeite ich als Universitätsassistentin an meinem Doktorat am Institut für Materialchemie an der TU Wien, das ich Anfang 2018 begonnen habe. Davor habe ich meinen Bachelor und Master in Technischer Chemie an der TU Wien gemacht. Während dem Master habe ich zudem ein Semester am Trinity College in Dublin studiert, was ich als sehr spannend und bereichernd empfunden habe. Auch einen Teil meiner Masterarbeit habe ich dann im Ausland absolviert – dieses Mal an der Universität Genf in der Schweiz. Ein besonders schöner Erfolg für mich war der Erhalt von zwei Preisen, der Gesellschaft Österr. Chemiker bzw. Stadt Wien, für meine Masterarbeit. Wie auch beim Dr. Hans Riegel-Fachpreis war es ein wirklich gutes Gefühl, dass die ganze Arbeit und Zeit, die man in sein Studium und die Abschlussarbeit steckt, auch von anderen Menschen honoriert und geschätzt wird.

In meinem Doktorat beschäftige ich mich nun mit Goldnanoclustern in der Katalyse, was eine Erweiterung des Projektes ist, das ich in meiner Masterarbeit behandelt habe. Das Thema ist für mich besonders spannend, weil es sehr interdisziplinär ist. Ich habe mich in meinem Masterstudium auf Synthesechemie spezialisiert, aber mich während meiner Masterarbeit im Fachbereich Physikalische Chemie zusätzlich viel mit Spektroskopie, Katalyse und Kinetik beschäftigt. Beides kann ich nun im Rahmen meines Dissertationsprojektes auch anwenden. Nebenbei gehört auch Mitarbeit in verschiedenen Laborübungen im Bachelorstudium zu meinen Tätigkeiten als Universitätsassistentin; für mich ein ebenso spannender und immens wichtiger Bereich.

Warum hast du dich für einen Ausbildungsweg im MINT-Bereich entschieden?

Ich habe bis ca. 2 Jahre vor der Matura wirklich nicht gewusst, in welche Richtung ich nach der Schule gehen möchte, da mich sehr viele Sachen interessiert haben. Ich war hin- und hergerissen. Mein Interesse an Chemie wurde in der Oberstufe durch meinen Lehrer geweckt. Ich hatte die Möglichkeit, mich auch außerhalb des regulären Unterrichts mit der Thematik zu beschäftigen und konnte so die vielen verschiedenen Facetten des Faches kennenlernen. Letztendlich habe ich dann auch Chemie studiert, weil ich das Tätigkeitsfeld sehr spannend und vielseitig finde. Zudem bin ich doch auch ein recht analytischer Mensch, der immer alles ganz genau untersuchen und verstehen muss. Jetzt im Nachhinein würde ich auch sagen, ich würde jederzeit wieder ein Chemiestudium wählen. Sogar meine Vorliebe für Sprachen und Schreiben hat sich nämlich als großer Vorteil herausgestellt; zuerst für das Verfassen der ganzen Laborprotokolle, jetzt für wissenschaftliche Publikationen.

In welchem Feld möchtest du zukünftig tätig sein?

Ich weiß derzeit noch nicht genau, wohin es mich nach dem Doktorat verschlagen wird. Wenn ich es mir aussuchen kann, möchte ich gerne in der wissenschaftlichen Forschung bleiben, da ich mich dafür wirklich begeistern kann.

Was spricht deiner Meinung nach für eine Tätigkeit im MINT-Bereich?

Der größte Vorteil ist meiner Meinung die enorme Vielseitigkeit – und damit meine ich nicht nur die Unterteilung in die einzelnen Disziplinen, die dem MINT Bereich zugeordnet werden. Viel mehr kann man mit einem MINT Studium später sehr unterschiedliche Berufe ausüben: von tatsächlicher akademischer Forschung bis hin zu Management-Positionen in großen Firmen ist da alles dabei, die Bandbreite ist wirklich groß. Und man arbeitet auch in einem sehr innovativen Bereich, der sich ständig weiterentwickelt und an die globalen Gegebenheiten und Probleme anpasst bzw. versucht, diese zu lösen. Und dazu einen Beitrag leisten zu können, finde ich schon sehr motivierend.

Was würdest du Schüler*innen raten, die ihre Arbeit bei den Dr. Hans Riegel-Fachpreisen einreichen möchten?

Es in jedem Fall zu machen! Ich habe damals die Chance für wirklich gering gehalten, diesen Preis zu bekommen, da ich meine Experimente auch nur mit dem eingeschränkten Equipment unseres Schul-Chemiesaales durchgeführt habe und nicht in einem Praktikum auf einer Universität. Also nicht so viele Gedanken machen, einfach probieren!